Bereits VÖ (Horizont) 10. Mai. · 07:21 h - horizont.net - Axel Springer
Der Markt für digitale Außenwerbung wächst weiter überdurchschnittlich – und immer mehr Player wollen ein Stück davon besetzen. Zwar treiben die Platzhirsche der Branche, allen voran Ströer, Goldbach und Wall Decaux, die Digitalisierung der Flächen und die technologische Infrastruktur massiv voran. Die Metriken, nach denen Digital Out-of- Home (DOOH) funktioniert, schaffen aber gleichzeitig neue Möglichkeiten und Raum für Unternehmen, die reichlich Erfahrung mit Adservern und Programmatic Advertising mitbringen. Das hat mittlerweile auch Axel Springer erkannt.
Von Katrin Ansorge
Vor gut einem Jahr hat der Medienkonzern die Mehrheit an dem Berliner Start-up Framen übernommen. Das Team rund um Co-Gründer und CEO Dimitri Gärtner betreibt seit 2018 eine Plattform, die adressierbare, kontextuelle Werbung unter anderem auf Screens in Fitness-Studios, in Co-Working-Spaces und Hotels platziert. Seit einigen Wochen gibt es zudem eine exklusive Partnerschaft mit Shell-Tankstellen, die den Zugriff auf 850 großformatige Outdoorstellen beinhaltet. Mittlerweile kann Framen laut Co-Gründerin Magdalena Pusch somit über 51700 Screens in 4500 Städten ansteuern.
Der Zugriff auf Inventar ist trotz aller technologischer Anbindung und programmatischer Aussteuerung in der Außenwerbung nach wie vor essenziell – und alles andere als selbstverständlich. Wer in einer Stadt werben darf, ist in langfristigen Stadtverträgen geregelt, auch das Geschäft an Bahnhöfen und Flughäfen ist in der Regel über mehrere Jahre vergeben. Doch es bleiben Nischen. "Es gibt viele Millionen Screens, die nicht für den Bereich Werbung genutzt werden", sagt Framen-Chef Gärtner. "Dieses Pfund wollen wir für uns erschließen."
Schon jetzt wachse das Netzwerk exponentiell, zum Teil kämen Tausende Bildschirme pro Quartal hinzu. Parallel dazu will Framen mit einem klassisch digitalen Leistungsversprechen punkten: der genauen Zielgruppenansprache. An der Tankstelle gibt es dementsprechend die Clips für Familien und Entscheider, in den We-Work-Spaces solche für Entrepreneurs und die Young Professionals. Auf diese Art und Weise garantiert Framen Werbungtreibenden bis zu 600 Millionen Impressions im Monat und will bis Jahresende "in unter sieben Tagen 50 Prozent der Bevölkerung erreichen", verspricht Gärtner.
Damit die jeweilige Zielgruppe möglichst lange auf die Bildschirme schaut, um auch mit der Werbung in Kontakt zu kommen, braucht es bestenfalls mehr als kommerzielle Inhalte. Hier kommt Kooperationspartner Axel Springer ins Spiel:
Er steuert exklusiven Content seiner Medienmarken Bild und Welt bei und bis mindestens 2025 auch 60-sekündige Highlights der Fußball-Bundesliga. "Der DOOH-Bereich war für uns schon länger interessant, weil er das klassische Digitalgeschäft und das alte Plakat-Business vereint. Durch den Erwerb der Bundesliga-Rechte war klar, dass digitale Außenwerbung für uns sowohl in der Vermarktung als auch in der Content-Distribution Sinn macht", erinnert sich Stefan Mölling, Chief Sales Officer bei Media Impact, an die Anfänge der Zusammenarbeit mit Framen. Vor allem das Thema der technologischen Anbindung sei spannend. "Wir können viele verschiedene Screens über eine einzige Schnittstelle ansprechen. Das macht unser Geschäft viel schneller und flexibler. Es ist heute nicht mehr zeitgemäß, Wochen vorher etwas zu buchen, ohne im Zweifel auf aktuelle Ereignisse reagieren zu können."
Die programmatische Anbindung ermöglicht Springer theoretisch aber auch eine 360-Grad-Vermarktung über alle Medien des Konzerns hinweg. In der Praxis liegt der Anteil solch crossmedialer Kampagnen mit DOOH laut Mölling aktuell zwar nur bei etwa 10 Prozent, das entsprechende Umsatzvolumen bewegt sich allerdings schon bei über 25 Prozent. Potenzial ist also vorhanden – auch international: In UK testet Framen derzeit in ersten Fitness-Studios die Ausspielung von Inhalten des Springer US-Unternehmens Insider, auch We-Work-Standorte können europaweit angesteuert werden.
Der nach dem Vorbild der großen Internetplattformen gelaunchte Ads Manager soll es Werbungtreibenden besonders leicht machen, auch kleinere Budgets zu DOOH zu shiften. Sie nennen dabei lediglich online die wichtigsten Markendetails, bestimmen Targetingwünsche, Budget und Timing und wählen Creatives aus – fertig ist das Kampagnengerüst. "Wir wollen vor allem Kunden, die bisher keine Berührungspunkte mit DOOH haben, an das Medium heranführen", sagt Gärtner – und anderen Medien natürlich Werbegeld abjagen. "Wir hatten jetzt eine große Kampagne mit Porsche. Wir wissen, dass das Budget hierfür früher komplett Youtube-Budget gewesen wäre. Aber auch viele Start- ups sind bereits große DOOH-Spender. Wir holen die Zalandos und die Lieferandos von morgen."
Die größte "Source of Business" für digitale Außenwerbung liegt für Media-Impact-Verkaufschef Mölling aber im Mindset der Kunden: "Jeder spricht über DOOH, aber es braucht auch den Mut, tradierte Pläne umzuwerfen und neue Wege zu gehen. Es braucht noch den allerletzten Schritt, um relevante Budgets zu allokieren, es braucht den Tipping Point hin zum absoluten Massenmedium." Wenn es so weit ist, ist Springer zumindest darauf vorbereitet.